Hallo! Als erstes würde ich gleich mit einer kurzen Vorstellung meiner Person beginnen. Angefangen habe ich mit Enduro im Alter von ca. 15 Jahren, mit ca. 1-2 Trainings auf der KTM meines Vaters (250 exc). Dies habe ich bis ca. 21 beibehalten und sobald ich angefangen habe mein eigenes Geld zu verdienen (Hochschulabschluss), fing ich auch an aktiver im Enduro Sport zu werden. Die letzten Jahre (2013-2019) fuhr ich so in etwa 80-110 h pro Saison. Ich fuhr „mein Leben lang“ KTM, bis 2019 ein Wechsel zu Husqvarna passierte. Bei KTM fuhr ich 250, 300 exc und 350 exc-f. Husky wurde auch eine 350er, wobei ich mit der Husqvarna leider nie wirklich glücklich wurde (andere Geschichte). Mit dem Jahr 2020 hatte ich die Ehre und auch das Glück Erfahrungen mit einer BETA RR 350 Racing sammeln zu können. Hier nochmal ein großes Dankeschön an Beta (Frank Schröder) und Hard-Enduro-Shop für die Möglichkeit und auch Unterstützung. Anfang des Jahres war ich stark motiviert die Beta bei diversen Wettkämpfen zu fahren. Da das Jahr 2020 leider nicht so gelaufen ist wie geplant und sehr viele (eigentlich alle) meiner geplanten Rennen abgesagt wurden, konnte ich die Beta nicht so testen/vertreten wie ich es gerne gemacht hätte. Schade, hätte mich wirklich gefreut und somit ist das Jahr nun vorbei und ich würde trotzdem gerne meine Erfahrungen mit euch teilen. Da ich von Beginn an KTM und kurz mal Husqvarna gefahren bin, war alles Neuland für mich und somit ging ich mit "fresh eyes" an die Sache. Sowohl positives als auch Verbesserungspotential – Bitte meine Erfahrungen neutral betrachten, ich will hier keine Marke als gut oder schlecht bezeichnen, lediglich meine Erfahrungen teilen um vielleicht den ein oder anderen die Marke Beta etwas näher bringen zu können.
Die Entscheidung fiel auf eine 350RR Racing, da ich unbedingt das Kayaba Fahrwerk haben wollte. Warum werdet ihr im Bericht erfahren. Hier noch mein erstes Bild von der Beta in Ihrer gewohnten Umgebung:
Als erstes habe ich mir mal die blaue Abdeckung am Tank zu Herzen genommen. Mag optisch gut ausschauen, aber für mich nicht praktisch da ich den Tankinhalt nicht gut sehe und gleich mal zu viel eingefüllt habe. Abdeckung entfernt und Mapping Schalter inklusive Stundenzähler am Rahmen angebracht – Finde ich optisch eine nette Lösung. Das Tachokabel habe ich auch gleich entfernt da es für mich eine Fehlerquelle darstellt. Der Tacho blieb aber drauf damit ich eventuelle Fehlermeldungen erkennen kann. Sonst habe ich noch den Taster für die Vorderradbremse entfernt, brauche ich nicht und kann auch nur kaputt werden (Bremslicht).
Bei einer meiner ersten Ausfahrten musste ich gleich mal die erste Erfahrung bezüglich Verbesserungspotential machen. Der Stecker am Tank für die Einspritzpumpe schaut nach unten. Auf Grund einiger Landungen hat sich dieser gelockert und gleich mal alles zum Stillstand gebracht. Nach etwas Recherche „Fehler“ gefunden und behoben. Ist mir aber nur einmal passiert. Weiters habe ich den Lenkeinschlag angepasst. Also Schraube am Rahmen weiter nach innen geschraubt (=Mutter entfernt), da ich gerne etwas mehr Einschlag habe. Damit komme ich zum zweiten Punkt, auf welchen ich gerne hinweisen würde. Durch den erhöhten Lenkeinschlag ist es mir passiert, dass das Außenrohr der Gabel auf den Stecker der Zündeinheit gedrückt hat. Dadurch hat sich der Einrastmechanismus des Steckers gelöst und der Stecker auf der Zündeinheit rutschte runter = Stillstand. Fehler nach kurzer Zeit entdeckt und gleich behoben – Wieder etwas Neues gelernt.
Jedoch habe ich im Zuge der oben genannten Macken die Beta etwas genauer betrachtet und auch gleich ein paar gute Dinge/Lösungen von Beta entdeckt. Als erstes fiel mir der Gewindeeinsatz im Kunststoff auf, welcher meiner Ansicht nach einer sehr guten und langlebigen Lösung ausschaut.
Zum Thema Kunststoff – Bei den Tankspoilern wäre vielleicht eine andere Art der Aufnahme von Vorteil. Übers Jahr verteil habe ich sehr oft mit meinen Beinen den Tankspoiler „runter gerissen“ da die Schraube nur sehr wenig Auflagefläche hat. Vielleicht gibt’s eh eine praktische Lösung, nur habe ich sie halt noch nicht erkannt. (Könnte man vielleicht mit größerer Beilagscheibe lösen)
Was ist mir sonst noch aufgefallen?
Luftfilter – Die Lösung gleich wie bei den Kollegen. Wunderschön einfach und praktisch. Wechsel geht rasch und ohne Probleme! Anmerkung: Weitere Pluspunkt das der Ansaugtrakt etwas weiter oben im Luftfilterkasten sitzt. Somit glaube ich kommt es nicht so leicht vor dass mal Wasser angesaugt wird bei sehr schlecht oder Endurtypischen Wetterbedingungen.
Bremsbeläge – Musste die Beläge „leider“ erst nach ca. 30h hinten tauschen. Dabei lernte ich zum ersten Mal das System von Beta kennen. Die Lösung mit Schraube und der Kontermutter ist zwar nicht die schnellste, aber ich finde die beste Lösung. Kein Splint verlieren, suchen oder sonstiges. Alles bleibt auf seinem Platz!
Motorschutz – Ah ja, da wurde bereits im Werk ein Motorschutz verbaut. Welch ungewöhnliches Szenario… Und dieser ist sogar mit nur zwei Schrauben sehr effizient am Rahmen angebracht und erfüllt voll und ganz seinen Zweck!
Schmierung – zwei getrennte Schmierungen? Das war mir neu, aber nicht unbekannt. Über das Jahr betrachtet habe ich es lieben gelernt. Man hat längere Wartungsintervalle und wenn der Kupplungsdeckel mal kaputt wird muss man ja nicht gleich um einen Totalausfall der Motorschmierung fürchten.
Endtopf – Da fiel mir auf dass mein Hinterreifen schleift. Verwende 140/80 Reifen mit Mousse – wie man am Bild sieht. Es helfen nicht mal Beilagscheiben bei den Schrauben der Aufhängung vom Endtopf, damit dieser weiter außen sitzt. Schade, könnte man vielleicht besser lösen.
Startverhalten – Immer souverän und sofort angesprungen. Zwar nicht so schnell wie die Konkurrenz, aber trotzdem immer ohne Probleme.
Schrauben am Heck – Ich weiß nicht ob es an mir liegt, aber die Schrauben vom Heck auf den Rahmen haben sich regelmäßig gelockert. Schraubensicherungslack drauf und hält.
Griffe und Gasgriff – Der linke Griff lockerte sich relativ rasch, selbst Draht hielt ich nicht davon ab. Vielleicht wäre hier ein Lock-On System besser. Der Gasgriff wiederum mit 1 Seilzug gefällt mir besser. Ich finde dadurch bekomme ich besseres „Feedback“ beim Fahren.
Spezialteile (Racing) - Fußrasten, Deckel Ölbehälter, Schraube Öleinfüllung usw… Finde ich optisch eine wirklich gelungene Aufwertung der Modelle!
Nun genug zu den „Entdeckungen“ am Motorrad – Jetzt versuche ich meine Erfahrungen während des Betriebes zu verfassen. Als erstes noch ein Bild wie meine Beta „Einsatzbereit“ aussieht – Neues Dekor drauf damit sie in der richtigen Adjustierung ihre Arbeit verrichten kann.
Motor: Bezüglich meiner Wahl auf die 350er muss ich noch erwähnen, dass ich im Zuge eines Testtages alle 4t Motorisierungen bis auf 480 testen konnte. Mir persönlich gefiel der 350er Motor auf Grund seiner Vielfalt am besten. Mit der aktuellen Übersetzung von 13-48/50 habe ich im unteren Bereich genug Drehmoment und durch den linearen Übergang zieht es einem nicht gleich die Ärmel lang. Der Motor kommt mir harmonischer im Leistungsverlauf vor als die von mir zuvor gefahrenen Modelle. Die Spitzenleistung mag gefühlt nicht so hoch sein wie bei anderen, jedoch wer braucht die schon wirklich. Die Motorbremse ist spürbar weniger, welche man vielleicht beim Bergab fahren vermissen könnte, jedoch bei anderen Situationen ergeben sich neue Vorteile. Wie immer – sehr individuell vom Fahrstil abhängig. Generell kommt es mir durch den linearen Leistungsverlauf vor als hätte ich weit mehr Grip am Hinterrad. Etwas Gefühl und man konnte mit einem schönen konstanten Wheelie aus der Kurve raus beschleunigen . Im kalten Zustand „rupft“ die Kupplung auf den ersten Metern, jedoch sobald sie wärmer wird funktioniert alles einwandfrei.
Fahrwerk: Das Fahrwerk hat mich am meisten überrascht – Kayaba sei Dank! Ich war es von meinen vorigen Modellen gewohnt, dass es mal gleich zum Fahrwerk Tuner geschickt wird, härtere Federn rein müssen und die Gabel getauscht wird. Ich bin einfach kein Fan vom open Cartridge System und etwas pingelig, wenn es um die Einstellung vom Fahrwerk geht. Die Gabel spricht gut über Wurzeln oder Steinkanten an und hat wiederrum genug Durchschlagsreserve für die ein oder andere Landung im flachen Gelände. Für mich persönlich könnte sie etwas höher arbeiten – Mehr Federvorspannung vielleicht? Der Dämpfer reagiert gut auf Unebenheiten und fängt auch einiges ab. Jedoch sobald man etwas schneller wird (ja schnell ist sehr relativ), wirkt mir der Dämpfer etwas überfordert und ist mir persönlich „zu tief“. Bin mit der Federrate beim Dämpfer eine Nummer höher gegangen, hat geholfen. Im technischen Gelände mag es dem einen oder anderen schon mal zu straff werden. Ich kam gut damit zurecht. Conclusio –> Für den Racing Einsatz wundervoll, mit genug „Schwung“ auch im technisch anspruchsvollen Gelände gut einsetzbar. Sobald man bei einem Motocross Rennen startet, sollte man vielleicht über eine höhere Federrate nachdenken. (Ich habe 80kg ohne Montur)
Bremsen: Die Vorderbremse habe ich mit einer schwimmend gelagerten Bremse ausgerüstet. Funktioniert einwandfrei und lässt sich gut dosieren. Lediglich stört mich, dass man für die Einstellung vom Spiel nichts unterwegs machen kann, da man dafür einen Schraubendreher und Ringschlüssel braucht. Anfangs wollte ich im Training den Hinterrad Bremshebel mal schnell ein wenig an meine Vorlieben anpassen, jedoch ging dafür gleich mal mehr Zeit drauf. Vorher war ich es gewohnt die Anpassung mit zwei Ring-Schlüssel zu machen. Bei der Beta wird einem schon mehr Zeit und Geduld abverlangt, um das Spiel vom Hebel einzustellen. Hab leider kein Foto davon, aber sobald man den Dreh raus hat funktioniert es gut und so oft stellt man es ja eh nicht nach.
Mein persönliches Fazit: Mit all diesen Sonderteilen der Racing Edition, Motorschutz und dem Fahrwerk finde ich sollte die Beta RR 350 Racing den Slogan „Ready to Race“ erhalten! Meiner Ansicht nach hat sie es voll und ganz verdient. Natürlich gibt es das eine oder andere Kriterium, welches nicht perfekt ist, aber wer ist das schon (Und die anderen sind es auch nicht). Ich war von Anfang an mit dem Fahrwerk zufrieden, egal ob Enduro oder Motocross (Ja Geschmäcker sind verschieden). Leider konnte ich die Beta nur ~38h pilotieren, dafür genoss ich jede Minute mit ihr. Aber die Umstände bzgl. Veranstaltungen im Jahr 2020 sind ohnehin jedem bekannt. Da ich Jahrelang immer nur eine Marke kannte, betrat ich für mich komplettes Neuland. Ich habe aber von Anfang an jede einzelne Minute mit der Beta genossen. Ich muss sagen ich bin von der Marke überzeugt und kann dem ein oder anderen „Markentreuen/Zweiflern/Eingefleischten“ sagen – Trau dich, du wirst es nicht bereuen!
Frage zum Schluss - Gibt es sonst noch Fahrer unter euch, welche vom Kürbis umgestiegen sind? Wie ging es euch damit?
PS: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. Es handelt sich um einen neutralen Erfahrungsbericht, mit welchem ich vielleicht den ein oder anderen ansprechen kann.