Begegnet sind wir uns irgendwann in unserer Heimatstadt, Richard auf einer alten 250 BW Maico oliv und ich auf einer GS 125 Hercules. Wir wurden Motorradfreunde und beschlossen, auch aktive Motorsportler zu werden.
Mit gebrauchten Maico’s ging es los, er ne 250 ich ne 450 – ein Dampfhammer. Im darauf folgenden Jahr, wir wollten uns auch mal im Vorderfeld tummeln, kamen die KTM’s groß raus. Bei Toni Stöckelmeier holten wir uns neue KTM’s, er ne 250 ich ne 350.
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Natürlich wurde auch professionell trainiert, wir hatten sogar einen aufgelassenen Steinbruch bei einem Landwirt gepachtet und uns dort eine Trainingstrecke eingerichtet (ging damals alles noch), mit vier wirklich ausgewachsenen Sprunghügeln (Sprungschanzen).
Beim Training bemerkte ich, dass mein Sportkammerrad Richard, so seine Probleme mit dem Sprungverhalten hatte. Jedes Mal, wenn er zum Sprung ansetzte, also mit ausreichender Geschwindigkeit und Gas auf die Kipf (Ende Schanzentisch) zukam - nahm er dort das Gas weg - und landete, meist auf dem Vorderrad. Manch Überschlag und Sturz war mit dabei, was seiner Sprungsicherheit bzw. seinem Sprungverhalten nicht zuträglich war.
Auch Ausfahrten gehörten zu unserm Training.
Es war Ende Juni - Anfang Juli, der erste Grasschnitt war eingebracht, als wir uns entschlossen, mal wieder über Land zu fahren. Wassertemperaturen lagen bereits bei ca. 24° und die Luft hatte fast 30°.
Also war leichte Motorradkleidung angesagt – weißer Helm (für Deutschland), langärmeliges KTM T-Shirt, damals noch in weiß, leichte Stoff-Motorradhose. Ich hatte nur einen Werkstatt-Overall an.
Wir erreichten ein uns unbekanntes Gelände. Ein langer Wiesenhang, mit 4 oder fünf ausgeprägten Querwellen. Der Wiesenhang war von unten, bis auf die letzten 100 Meter, einsehbar.
Ein Gedanke schoss mir sofort durch den Kopf – die Bodenwellen, ein ideales Gelände um Sprünge mit Richard zu üben.
Ein kurzer Halt - Ansage von mir: Ich springe vorne weg - du hinterher – aber immer mit Vollgas – verstanden?
Ein zögerliches Nicken von R. und es ging los.
Die erste Böschung: Ein Blick im Stehen auf dem Motorrad über die Böschung nach oben – Auslauf vorhanden, also Gas stehen lassen, ein wunderbarer Sprung von mir, kurzen Halt nach rechts und Umschau nach Richard.
Leider wie immer, die gleiche Prozedur bei R.: Vollgas – die Kipf kommt – Gas weg – Landung auf Vorderrad – Beinahe-Sturz.
Ich, Belehrung: Hab doch mal Mut und lass das Gas stehen – hier kann doch nicht passieren - ist doch nur Wiese.
Nächster Schanzentisch: Ein Blick im Stehen über die Böschung nach oben – Auslauf vorhanden, also Gas stehen lassen, wieder ein wunderbaren Sprung von mir, rechts raus um die Landebahn frei zu machen und Umschau nach Richard.
Man glaubte es kaum, wie immer, gleiches Geschehen: Vollgas – die Kipf kommt – Gas weg – Landung Vorderrad – Beinahe-Sturz.
Die Belehrung von mir wird heftiger: Wie vorher. Von Mut ....bis Wiese.
Wir hatten noch zwei Böschungen zum Üben.
Also nächste Wiesenböschung: Wie gehabt. Ein Blick im Stehen ... bis Umschau zu Richard.
Ich wurde fast wahnsinnig, obwohl er mich immer springen sah, die gleiche Prozedur bei R.: Vollgas – die Kipf kommt – Gas weg – Landung Vorderrad – Beinahe-Sturz.
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Dem Wahnsinn nahe schreie ich R. nur noch an, wenn du jetzt nicht das Gas stehen lässt, war es das letzte Mal, dass ich mit dir unterwegs war - verstanden.
Ich nun selbst etwas übermotiviert mit mächtig viel Gas auf die nächste Böschung zu: Ich strecke mich auf dem Motorrad soweit es nur ging, kurze Überlegung, die Böschung ist ja höher als die vorherigen.
Ich streck mich weiter und sah keinen Auslauf - Gedankenimpuls: Gas weg und scharf nach rechts.
Ich bekomme gerade noch die Kurve und rede fast laut vor mich hin: Na wenn du da gesprungen wärst, .......
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....mein Gedankengang wird abrupt unterbrochen, brüllende 42 PS kommen immer näher und dann sehe ich Richard: Vollgas – die Dammkrone ist erreicht – das Gas steht immer noch – der Motor jault am Anschlag – eine Sprunghaltung (besser als die heutigen Freestyler) – Arme gestreckt – Beine angewickelt – der Hintern übern Hinterrad und das Hinterrad, leicht nach unten hängend, dreht, weil der Gasgriff immer noch voll durchgezogen ist – so springt er, ca. 3 – 4 Meter hoch, er fliegt und fliegt gut und gern 30 Meter weit – was für ein Sprung.
(Gedankenaufnahme wieder von mir) …… wäre ich voll in den schwarzen moorastigen Wiesenteich gesprungen.
Die Landung von R. schloss mit einer ca. 10 Meter hohen Wasserfontäne ab.
Als diese zusammengefallen war, ich stand immer noch mit laufendem Motor an der Teichkrone, hat es ungefähr 10 – 15 Sekunden gedauert, für mich eine Ewigkeit, bis nur noch leichte Blasen an die Wasseroberfläche kamen. Keine Reaktion.
Nächster Adrenalinschub bei mir: Der Kerl ist tot, ertrunken, das Genick gebrochen, erstickt im Schlamm - alles ging mir durch den Kopf.
Doch plötzlich schoss ein schwarzer Oberkörper durch den Wasserspiegel. Ein Blick in meine Richtung.
Ich erkannte nur zwei weiße Augäpfel, alles andere war schwarz – Helm, das Gesicht, T-Shirt, Handschuhe, eben alles was bis zur Gürtellinie zu sehen war, war kohlenähnlich.
Als er mich erkannte, ein breites – wirklich – ein breites Grinsen und weiße Zähne strahlten.
Fasst wie der, der bei den Piraten (Obelix) im Mastkorb sitzt.
Ich brachte nur heraus – Dein Motorrad.
Nochmals ein Griff unter die Wasseroberfläche und er hatte den Lenker in der Hand.
Der Rest vom Motorrad war unter Wasser!
LEUTE, EIN BILD FÜR DIE GÖTTER.
EIN KOHLRABENSCHWARZER HELMTRÄGER STEHT, NACH EINEM 30 METER SPRUNG, MIT STRAHLENDEM WEIßEN LÄCHELN, EINEN LENKER HALTEND, MITTEN IN EINEM WIESENTEICH. DAZU DIE WEIßEN FRAGENDEN AUGÄPFEL: WAS FÜR EIN SPUNG?
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Als sich dieses Bild kurz gesetzt hatte – ungelogen – bekam ich einen Lachkrampf.
Ich habe mein Motorrad weggeschmissen, was ja immer noch lief, hab mich auf den Bauch geworfen und nur noch gelacht - nein ich hab geschrieen vor Lachen.
Als der beidseitige Lachanfall vorbei war, haben wir gemeinsam die KTM geborgen.
Auf trockenem Boden haben wir sofort den Wasserstopfen im Luftfilterkastens gezogen. Das Wasser konnte ablaufen.
Kurze Zeit später haben wir die KTM angetreten. Der Hammer, nach einigem Pusten im Auspuff, lief das Ding.
Anschließend sind wir, mit nur durchnässten Klamotten, noch heimwärts gefahren.
Gruß an Richard.
trebeta