THEMA: Minarelli AM6 Enduro Tuning

Hallo zusammen,

eigentlich hatte ich mich hier im Forum angemeldet, weil ich mir wohl demnächst eine Xtrainer zulegen werde.

Bin Mitte 40 und hab nun aber seit knapp 20 Jahren kaum auf nem Motorad gesessen. Früher jeden Tag, Sommer wie Winter, angefangen im Alter von 10 Jahren auf einer Jawa Mustang, später Simson S50, hauptsächlich im Wald, dann mit Führerschein: MZ TS150, Honda CB125T, Suzuki GS550T, MZ ETZ 250 Gespann, Kawa GPz900. Auch mal Yamaha RD350, XJ600, FRZ1000 und sogar RD500. Die Yamseln waren aber nur Leihgaben. Fahren auf der Strasse hat hier in NRW irgendwann keinen Spaß mehr gemacht. Viel Verkehr, alle 200m ein Kreisverkehr, etc... Hab dann in 10 Jahren nur noch 2000km zusammen bekommen => Moppeds verkauft.

Vor ein paar Monaten hatte meine Frau aber die Idee, dass sie gerne Motocross fahren will. Mit Anfang 50 und noch nie auf nem Mopped gesessen. Die Eltern hatten ihren Töchtern nicht erlaubt den Moppedschein zu machen. Weil zu gefährlich. Aber Military reiten war okay... Ja, nee, is klar...

Gut, Cross fahren macht man ja nun nicht mal eben. Zu allererst muss man ja überhaupt erstmal fahren können. Durch Zufall ergab sich die Möglichkeit, dass meine Frau auf einer Cross-Strecke eine KTM Freeride-E bewegen durfte. Top! Super Easy für einen Anfänger. Sie stieg mit einem breiten Grinsen ab. Obwohl sie gerade von nem 6-Jährigen überholt worden war.

Was konnte mir besseres passieren? Finde das ja total geil dass sie auf einmal Mopped fahren will

Nur, wie jetzt weiter? Schein machen? Crossmopped kaufen?

Nun, mit einem PKW Führerschein darf man ja ne 50er mit 45km/h fahren. Dat isset! Bin dann über die Rieju MRT50 Pro gestolpert. Fahrwerk macht nen guten Eindruck. Upside down von Marzocchi, Hebelsystem hinten, riesige Wave Bremsscheibe vorne. Bodenfreiheit, relativ leicht. Heisses Teil.

Ja, sorry, Asche auf mein Haupt. Das ist keine Beta. Aber ich arbeite daran das, zumindest für mich, zu ändern.

Aber mit Minarelli AM6. Geil! Den kannste tunen bis der Artzt kommt!

Und als 45km/h-Ausgabe fährt das Ding im ersten Gang gerademal 7km/h. Da kann man nebenherlaufen und erklären wie das so funktioniert, mit anfahren und schalten. Gesagt, getan, gekauft. Ne Woche nach dem Freeride-Ride stand die Rieju bei uns auf der Auffahrt. Die Sache mit dem Kuppeln, Anfahren, Schalten und schonmal über Bordsteine springen hatte meine Frau schon nach ner halben Stunde sicher drauf. Upps! Dat ging ja fix...

Cross, das war ihr mittlerweile aber klar geworden, ist vieleicht doch ein bisschen gefährlich. Hab ihr dann mal auf Youtube Enduro gezeigt. Jepp. Das passt. Ich hatte mir mittlerweile auch mal Gedanken in diese Richtung gemacht und bin dann bei der Xtrainer gelandet, die ich dann nächste Woche wohl endlich mal testen darf.

So langsam ist mir aber klar geworden, dass das 45km/h Setup extrem langweilig ist, spätestens, wenn es Bergauf geht. Also, das Teil entdrosselt, andere Düse. Mit dem Radical Racing Sport Auspuff geht es dann dort richtig los, wo mit der Drosselung das Ende des Drehzahlbandes ist. Macht auf der Strasse echt Spaß, ist aber wohl nicht wirklich Endurotauglich, da das nutzbare Drehzahlband irgendwo zwischen 7000 und 11000 U/min liegt.

Und das ist wohl erst recht nichts für einen totalen Anfänger.

Hab dann nach entsprechenden Infos gesucht und bin nun auch hier gelandet, da es wohl kein anderes Forum gibt, in dem die Anforderungen an eine 50er im Enduro-Einsatz verstanden werden und wo auch entsprechend fundiertes Wissen bezüglich Minarelli AM6 vorhanden ist.

Daher nun endlich meine Frage an die Spezialisten hier im Forum:

Ich möchte nun ein Setup realisieren, welches viel Drehmoment im unteren Drehzalbereich liefert. D.h. ein Auspuff mit langem Diffusor, Zylinder mit zahmen Steuerzeiten, relativ kleiner Vergaser.

Habe nun folgende Komponenten gefunden (und auch schon bestellt ):

Barikit 7-Port 70ccm Zylinder
https://www.gearparts24.de/zylinderkit-barikit-70cc-10port-grauguss:a5004.html

Hubraum: 70ccm
Hub: 39mm
Material: Grauguss
Kolbenring Anzahl: 2
Bohrung: 47mm
Auslasskanal: 28
Auslassanzahl: 3
Überströmeranzahl: 7
Kalotte: 0mm
Auslass: 23,5mm
Auslass: 174°
Überströmer: 31,3mm
Überströmer: 123°

Steuerzeiten scheinen hier sogar noch zahmer als beim Originalzylinder zu sein. Dafür aber 70ccm. Was die 7 Kanäle bringen weiß ich nicht. Scheint m.E. ein bisschen übertrieben zu sein.
Bestellt habe ich den, weil nur noch einer vorrätig war und ich keinen anderen Zylinder gefunden habe, der noch zahmere Steuerzeiten hat.

Auspuff Proma:
https://www.gearparts24.de/auspuffanlage-proma:a5922.html

Im Link ist ein Video, in dem man am Ende sehr gut sieht,dass dieser Auspuff seine Resonanzbereich in sehr niedrigen Drehzahlbereichen (relativ zu den anderen) hat. Ist aber auch rein optisch der Nachrüstauspuff mit dem längsten Diffusor, außer dem Gianelli vielleicht. Der originale Beta Auspuff sieht aber auch nicht schlecht aus. Der Proma ist aber extrem preisgünstig.

Versager (hoffe, es ist keiner..;-) ):
Dellorto PHBG Racing 19mm
https://www.gearparts24.de/vergaser-dellorto-phbg-racing:a132.html

19mm sollten für eine vernünftige Gemischbildung in unteren Drehzahlen okay sein. 17,5mm scheint mir zu klein, 21mm zu groß zu sein.

Was haltet ihr von den Komponenten? Vor allem, ist eurer Meinung nach ein vernünftiges Zusammenspiel zu erwarten?

Oder hab ich irgendwo einen Denkfehler?

Gruß

Patrick

Willkommen bei den Roten.

Ich fürchte, dass bei deinem langen Text viele Motorprofis ausgestiegen sind, bis deine Frage greifbar wurde.

Kurze Texte und Fragen werden lieber und öfter gelesen (und beantwortet)...

Zum Thema Vergaßer kann ich dir dies ans Herz legen:

www.judweggis.c...dellortohandbuch.pdf

Da steht alles drin, von der Auswahl bis zur Abstimmung und es ist auch sehr gut erklärt.
Meiner Erfahrung nach, lieber eine Nummer kleiner, dann ist das ganze nicht so Temperaturempfindlich.

Gruß Markus

Hallo zusammen,

ja, offensichtlich hat der Admin leider recht. "Fasse Dich kurz" wäre wohl der richtige Ansatz gewesen.
Aber ich wollte mich doch gerne erstmal vorstellen und erklären, warum ich noch keine Rote habe.

Vielen Dank an Markus. Wie Vergaser einstellen funktioniert weiß ich ja im Grundsatz, aber so umfassend und kompakt erklärt wird es nun wohl deutlich einfacher Probleme zu lösen.

Wegen der besseren Gemischbildung bei unteren Drehzahlen hatte ich ja den 19er Vergaser gewählt. Von der zu erwartenden Leistung her sollte das auch passen. Der nächst kleinere (17,5) erschien mir etwas sehr klein. 16mm ist original verbaut. Einen 21er halte ich aber für deutlich zu groß.

Habe die bestellten Teile dann auch heute bekommen. Der Proma Auspuff ist wohl dem originalen Auspuff sehr ähnlich. Den habe ich aber ohnehin nicht. Der Diffusor vom Proma ist deutlich sichtbar länger als der vom Radical . Hoffe daher dass er untenrum deutlich besser geht als der Radical, der unter 6500 gar keinen Effekt hat. Darüber macht er allerdings echt Spaß.

Die von den Überströmern und vom Auslass jeweils abgedeckte Fläche beim 7-Kanal Barikit Zylinder erscheint recht groß. Durch die vielen Kanäle sollten die Ringe aber keine Probleme bekommen. Die Nebenauslässe öffnen deutlich vor dem Hauptauslass und die dem Auslaß nächsten Überströmer auch als erste. Das sieht soweit ganz gut aus. Aber die Kanäle sollten "geflowt" werden. Rauheit an sich ist nicht schlecht und führt dazu, dass die Strömung in Radien gut anliegt. Aber die Gußqualität in den Überströmern ist wirklich sehr rau. Die Steuerkanten sind daher auch recht undefiniert. Naja, ich lass mich mal überraschen wie er ohne jegliche Bearbeitung läuft. Machen kann man das ja auch noch später.

Gruß

Patrick

Quetschspalt??? ist wichtig für Drehmoment. ..0,7 bis 0,8 wär ok! ;)

Danke für den Hinweis.

Die Sache mit der Quetschkante/dem Quetschspalt hab ich noch nicht so ganz kapiert. Ich verändere über den Quetschspalt ja im Prinzip auch die Verdichtung. Aber wohl auch die Verwirbelungen im Brennraum.

Allerdings habe ich gelesen, dass auch die Größe der Quetschkantenfläche die Verwirbelungen beeinflusst. Mit der Veränderung der Quetschkantenfläche verändert sich aber auch wieder das Verdichtungsverhältnis weil ja der Brennraum verändert wird.

Somit müsste die Quetschspaltgröße ja als eine von mehreren Parametern abhängige Größe angesehen werden. Kallottenform, Kolbenform, Verdichtung und Quetschkantenfläche.

Trotzdem findet man überall allgemeine Angaben über sinnvolle Quetschspaltgrößen. Ist der Quetschspalt nun relevant für die Verdichtung? Oder eher für die Qualität der Verwirbelungen im Brennraum? Und ist somit weitgehend unabhängig von der Verdichtung zu betrachten?

Gruß

Patrick

Klar ändert sich die geometrische verdichtung...aber ein zweitakter hat ja auch vorauslass...da geht wiederum ein stück der gewonnenen verdichtung flöten, so dass keine entscheidend höhere mechanische belastung dadurch entsteht...

hohe drehzahlen belasten da wesentlich mehr

höhere verdichtung begünstigt Drehmoment bei niedrigen drehzahlen.



Für ganz hohe drehzahlen ist hohe verdichtung tendenziell kontraproduktiv...auch enger spalt oder zu große quetschfläche können bei hoher drehzahl zu partiellen detonationen führen, den kolben killen.

Quetschflächen von 50 Prozent sind aber bewährt
Paralleler oder positiver spalt vorausgesetzt

Als faustformel für sicheren spalt in Großserie gilt Hubraum in ccm x 0.02 = spalt in mm

Bei 50 ccm also 1 mm

bei scharfen motoren mit hochwertigen neuen kurbelwellen u lagern kann aber vom faktor 0.01 ausgegangen werden...

Ein engerer spalt erhöht wesentlich die turbulenz des gemisches welches richtung kerze beschleunigt wird ...gut für schnellen durchbrannt...saubere verbrennung...Leistung und Wirkungsgrad

Grüßle Wolfgang

Äh ja ...apropos. ..hauptauslass soll vor den nebenauslässen öffnen...damit in diesen ein unterdruck entstehen kann ;) saugwirkung etc...

Hauptauslass ca 0,3- 0.5 mm höher als nebenauslässe

Hauptauslass trapezform mit gerundeter gebogener oberkante...schont die ringe...sanfteres ansprechen auf resobereich. ..

gutes Beispiel malossi mhr ...lehnt sich eng An die Erkenntnis aus den letzten Jahren der 2:takt gp racer an ;)

Okay, so langsam scheine ich die Quetschkante-/Quetschflächenthematik zu verstehen. Ist also eher eine strömungstechnische Massnahme als eine Manipulation der Verdichtung. Werde mal den Barikit-Zylinderkopf dahingehend prüfen. Quetschkante geht selbstredend natürlich erst nach Einbau.

Bezüglich der Nebenauslässe war mein Verständniss bisher genau andersherum als Du es beschreibst. Meiner Meinung nach sollten die NA etwas eher öffnen um eine beschleunigte Gassäule im Krümmer schon vor dem Öffnen des HA zu erzeugen.

Habe jetzt auch mal etwas gegoogelt und es scheint so zu sein wie Du es schreibst. Der Zweck der Nebenauslässe scheint demzufolge eine bessere Altgasabfuhr aus den Bereichen neben dem Hauptauslass zu sein, um Altgasnester dort zu vermeiden und so auch eine bessere Füllung zu ermöglichen. Super, wieder was gelernt!

Gruß

Patrick

Mit der Quetschkante wird definitiv die Verdichtung eingestellt. Bei 50 ccm und über 15 PS wird die Quetschkante von den Herstellern der Zylinder vorgegeben und steht in der Anleitung zum Zylinder. Unter 15 PS ist es eher unerheblich und wird durch die mitgelieferten Dichtungen vorgegeben.