Wie versprochen gibt’s jetzt endlich einen kleinen Zwischenbericht zum Boano Adreani Gabelkit, den ich vor ein paar Wochen schon eingebaut habe. Da unsere Hausstrecke in Schenkenhorst bei Potsdam naturgemäß geschlossen ist, bleibt der Härtetest erst einmal außen vor und ich werde im Frühjahr noch mal im Detail berichten, wie sich das Fahrwerk auf der MX-Strecke macht. Im Moment trainiere ich hauptsächlich im Klein-Kleinen und bin die neue Gabel einmal auf der Enduro und MX-Strecke in Fürstenwalde gefahren. Meine X-Trainer ist Baujahr 2017 und ich fahre ca. 150 Stunden im Jahr. Zum Vergleichen habe ich noch meine alte Yamaha WR250F mit Kayaba-Fahrwerk herangezogen.
Ausgepackt macht das Gabelkit erst einmal einen sehr hochwertigen Eindruck. Alles ist sauber verarbeitet und vom Gefühl her richtig dimensioniert. Das sollte beim Listenpreis von ca. 800,- € natürlich auch sein. Die beiden Federn kommen mir vergleichsweise kurz vor. Die beiliegende Anleitung in englisch und italienisch ist zwar bebildert, bleibt aber recht oberflächlich und zum Teil kryptisch.
Mit ein wenig Schraubererfahrung lässt sich das aber schon übersetzen und die linke Kartusche samt Feder ist mithilfe eines Schlagschraubers in einer Stunde, inkl. Ausbau der Gabel, zusammengesetzt. Gescheiter bin ich dann allerdings am rechten Gabelholm. Um die Kartusche einzubauen, muss auf dieser Seite der Gabelfuß vom Standrohr abgeschraubt werden. Auf der Anleitung ist eine Lötlampe zu sehen. Aber alle meine Versuche das Ding zu lösen scheitern kläglich. Also ab zum Freundlichen nach Straußberg gefahren. Der hat dann das passende Einspann-Werkzeug besorgt und ich hatte meine Gabel eine Woche später sauber zusammengebaut zurück. Wie sich hinterher herausstellte, sind aber wohl nicht alle Gabelfüße gleichermaßen schlimm miteinander verbacken. Vielleicht lag es daran, dass meine Gabel schon 200 Einsatzstunden hinter sich hatte? - Wie auch immer, wäre meine Empfehlung, das Gabelkit besser beim Freundlichen zusammenbauen zu lassen, wenn keine voll ausgestattete Werkstatt zur Verfügung steht.
Die Holme vorschriftsmäßig mit 5er Öl befüllt wird mir beim Einbau klar, das die Gabel kaum schwerer wiegt, als das Original. Der linke Gabelholm wiegt durch die neue Feder sicher einige 100 Gramm mehr, dafür kommen mir der rechte Gabelholm definitiv leichter vor, ohne die Serienmäßige Monsterfeder.
Ab geht’s zur ersten Testfahrt auf den Kienitzer Berg: Klein-Klein, Baumstämme, steile Auf- und Abfahrten, viel Sand, zum Teil fast Trail-Mäßiges Übungsgelände. Und ich bin erst mal irritiert. Weil ich habe ein ganz neues Moped. Die Gabel kommt mir im ersten Vergleich extrem steif vor. Also erst einmal alles raus gedreht, was geht.
Das Einstellen ist dabei etwas gewöhnungsbedürftig. Die Federvorspannung lässt sich an beiden Holmen einfach mit einem 17er Maulschlüssel verstellen. Finde ich prima! Bin ich doch sonst gewohnt die Vorspannung aufwendig mit Schims zu verändern. Für die Druckstufe ist eine kleine Inbusschraube auf dem linken Gabelholm zuständig. Für die Zugstufe die gleiche kleine Schraube auf dem rechten Holm. Leider nicht wie gewohnt mit einer Rastung, sondern frei zu drehen. Nach ein wenig Eingewöhnung ist das aber kein Problem mehr. Einziges Manko: Der Lenker sitzt so nah über den Inbusschrauben, dass man sich am besten einen Inbusschlüssel passend zurecht sägt.
Und jetzt wird’s subjektiv. Kann ja nicht anders sein, wenn's ums Fahrwerk geht.
Also, ich meine, die XT hat von ihrem Trail-Mäßigen Fahrvermögen etwas verloren. Ich brauche eine ganz Stunde Übung um das Vorderrad wieder richtig auf dem Baumstamm zu platzieren um mit Rebound und zweitem Gasstoß kontrolliert und sauber rüber zu kommen. Das war's dann aber auch schon mit den Einschränkungen und jetzt, nach ca. 20 Stunden Übung fahre ich Hindernisse gefühlt mit der gleichen Sicherheit wie vorher. Schnelle Kurven, Geraden, Tiefsand, kleinere Sprünge, einfach alles kommt mir sehr viel kontrollierbarer vor. Und zwar um so mehr, je schneller ich fahre. Die Nagelprobe mache ich schließlich in Fürstenwalde auf der MX-Strecke (die ich vorher allerdings noch nie gefahren bin). Der Boden ist tief und für mein Empfinden schwierig, aber die kleine XT pflügt sauber durch schlimm ausgefahrene Rillen und ich traue mich an Sprünge, die ich mit diesem Moped vorher nicht gewagt habe. Die Endurostrecke nebenan ist mit dem neuen Fahrwerk eine einzige Freude.
Mein Fazit ist erst einmal: Die XT verliert ein wenig von ihren Trail-Eigenschaften. Daran kann man sich gewöhnen, ganz ausgebügelt bekommt man das aber auch mit Training wohl nicht. Dafür wird das Motorrad MX-tauglicher. Wenngleich es wohl nicht an das Fahrwerk einer RR heran kommen wird. Überraschend für mich ist, dass ich mit dem original Federbein durch die neue Gabel auch z.B. in schnellen Wellen keine Probleme mehr habe. Habe ich vorher Zug- und Druckstufe am Federbein voll reingedreht um das Flummi-Mäßige Fahrwerk etwas in den Griff zu bekommen, kann ich die jetzt wieder raus nehmen, ohne das das Motorrad bockt. Erst einmal bin ich sehr zufrieden und habe nicht das Gefühl, ich müsste das Federbein zwingend an die neue Gabel anpassen. Im Gegenteil. Als Enduro schließlich, wird die X-Trainer mit dem Gabelkit definitiv schneller. Und dafür ist sie doch eigentlich gebaut worden, denke ich?
Den größten Vorteil zu einem Komplettumbau des Fahrwerks sehe ich im Gewicht der neuen Gabel. Das wäre sicher noch zu verifizieren, aber sie dürfte kaum schwerer geworden sein als das Original und um einige Kilos weniger wiegen als z.B eine Mazochi, Kayaba, oder ähnliches. Zum Einstellbereich der Gabel kann ich jetzt noch nichts sagen. Ob dieser dann den weiten Umfang einer Kayaba hat, würde ich aufgrund der anderen Bauart und der relativ kürzeren Federn vorsichtig bezweifeln. Auch wenn sich mit dem Boano Adreani Kit die Federvorspannung zusätzlich leicht anpassen lässt. Wegen der Witterung kann ich im Moment noch nicht mehr sagen. Wenn ich wieder auf meiner Hausstrecke fahre, freue ich mich darauf die Gabel ausgiebig zu testen und richtig einzustellen. Auch mit dem Ölstand lässt sich sicherlich noch experimentieren. Und dann kann ich auch ganz konkret Rundenzeiten zum letzten Jahr vergleichen und schreibe noch mal, wenn es interessiert.
Oder, noch besser wäre der direkte Vergleich: Wenn jemand Lust hat und mal tauschen möchte, in Berlin und Umgebung, in Jüterbog, Fürstenwalde oder Meltewitz, - einfach mal ein PN schreiben.
Herzliche Grüße
Andreas